Aus dem persönlichen Tagebuch von Takris Nebelhand

Verlust, Schmerz, Verrat und eine wunderschöne Frau – Genug Stoff für ein ganzes Leben… und eine gute Geschichte

„Wie konnte es bloß soweit kommen?“ Wie konnte sich eine einst ehrenhafte Familie so in das Gegenteil verkehren?


Wie konnte eine Organisation die dem Schutz  und der Freiheit des Volkes gewidmet war dessen größter Peiniger werden?


Oft finden scheinbar zusammenhangslose Ereignisse ihre Ursache im Schicksal eines Einzelnen…


Das sonnengegerbte dunkle Gesicht wurde nur an wenigen Stellen durch ergrautes Haar durchbrochen. Die geräumige Kleidung verbarg seine Statur und ließ nicht erahnen welche Fähigkeiten diese Person besaß, oder zumindest besessen hatte. Wir Schüler kannten Ihn alle nur unter dem Namen „Ausbilder Sen´ Chigor“. Aber jeder in der Organisation zollte ihm großen Respekt, und wir taten es Ihnen gleich.
Viele Lektionen hatte Er uns beigebracht, doch im Nachhinein sind mir zwei ganz besonders im Gedächtnis geblieben. „Lasst euch nicht erwischen!“ Nach kurzer Pause wiederholte er betont mit finsterer Miene: „Lasst euch nicht erwischen!“ Damals hielten wir uns für unbesiegbar, und uns war klar: Sie würden uns niemals erwischen. Aber wir waren jung und unerfahren genug um uns mit wehenden Fahnen in die Falle der Selbstüberschätzung zu stürzen.
„Arbeitet immer im verborgenen, denn keine gute Tat bleibt ungesühnt“. „Ruhm und Ehre sind für Andere. Wir schlagen keine Schlachten, sondern wir lenken den Krieg“.
Ich würde mich sehr gut an beides erinnern.

Hätte man uns betrachtet so wäre sofort aufgefallen wie geschwollen unsere Brust war, denn unsere Herzen pochten rasend und wir waren überglücklich, aber noch mehr stolz darauf dass man uns endlich eine wichtige Aufgabe übertragen hatte. Jetzt konnten wir unsere Fähigkeiten und unseren Nutzen für die Organisation beweisen, und damit den Status des Novizen verlassen.

Es wurde langsam Abend. Die Lichtkristalle hoch oben in der Decke der großen Halle folgten dem natürlichen Lauf der Sonne und und erzeugten so den Eindruck einer untergehenden Abendsonne. So entstanden langsam die ersten Schatten in den Gassen der Halle Tirtaga zu Throal, einer der sieben großen Hallen die die Zwerge in den Berg gegraben hatten, und in der tausende Seelen aller Rassen lebten; insbesondere natürlich…Zwerge.

Seit zwei Tagen nunmehr waren wir die Schatten eines Teils unserer Gäste aus dem Süden. Es waren die Abgesandten aus der Stadt Travar, wichtige Persönlichkeiten entsendet vom Großvisier T´chmaj Dagkor II. Die Delegation war gesand worden um die Verhandlungen zu Ende zu führen, um aus dem brüchigen Waffenstillstand zwischen Throal und Travar endlich eine gefestigte Allianz zu schmieden. Unsere Aufgabe war einfach: Eine Teil der Delegation im Auge behalten. Denn auch unser Zwergenkönig Valarus III. war erpicht auf dieses Abkommen, und als Geste des Respekts und des Vertrauens genossen seine Gäste absolute Bewegungsfreiheit in Throal. Aber so sehr man Ihnen auch Vertrauen entgegen brachte, so sehr achtete man auch darauf, dass dieses Vertrauen auch nicht missbraucht wurde. Alte Verhaltensmuster lassen sich halt nur schwer ablegen, egal ob das Blut rot oder blau ist. Unter dem Vorwand von Sicherheitsmaßnahmen wurden alle Mitglieder der Delegation ständig beobachtet, sobald Sie die große Palasthalle des Königs, dem Ort an dem die Verhandlungen stattfanden, verließen.

– Leider war uns zu diesem Zeitpunkt gar nicht klar wie wichtig dieser Schutz noch werden würde; gab es doch Kräfte, die dieses Abkommen mit allen Mitteln verhindern wollten. –

Berian und ich lehnten leicht versetzt an den Hauswänden auf den gegenüberliegenden Seiten der großen Straße, welche die Halle Tirtage fast in der Mitte teilte. Zu diesem Zeitpunkt waren nur wenige Menschen hier auf den Straßen der Halle unterwegs.
Den drei Personen zu folgen war ein Einfaches. Durch Ihre fremdländische Kleidung aus Stoffen in sattem blau und rot war Ihnen zu folgen ein Kinderspiel. So hielten wir dann auch gebührenden Abstand, um nicht enttarnt zu werden. Bevor die Gruppe nach links in eine etwas schmalere Straße einbog um zum legendären Schankhaus „Valarus Weinkeller“ zu gelangen, verkürzte Berian den Abstand zur Gruppe, um diese besser im Auge behalten zu können. Seine schlanke Statur nutzte dabei perfekt die kurzen Schatten der Gebäude aus. –

Berian Valan war ein Meister des Schleichens, und auch ich musste mich anstrengen um Ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Er war der Jüngste von drei Nachkommen der Familie Valan, die mindestens genauso Lange Teil der Rigoristi sind, wie unsere Familie zu diesem Geheimbund gehört. Doch neben der Informationsbeschaffung gehört „Beseitigung von Problemen jeglicher Art“ zu ihren Spezialitäten. Sie haben daraus regelrecht eine Kunstform geschaffen und Berian zeigte besonderes Talent. Daher ist sein Vaters Setant Valan besonders Stolz auf ihn. Unsere Familien haben sich gut verstanden, auch wenn Vater und Setant öfters widersprüchliche Vorstellungen bei der Vorgehensweise der Organisation hatten.

Berian überquerte unentdeckt die Straße um der Gruppe zu folgen, während nun ich meinen Abstand ebenfalls verkürzte. Ich mache drei weitere Schritte als ich etwas entdecke das sich langsam aus dem Schatten des Giebels des gegenüberliegenden Hauses löste. Eine Gestalt kroch auf allen Vieren das Hausdach entlang, ganz behutsam und kontrolliert, so wie ein Raubtier geduldsam seiner Beute folgt.

Berian schaute hektisch zu mir, er hatte es auch gesehen. Sein Gesichtsausdruck verriet mir das Berian unsere Schützlinge ebenfalls in größter Gefahr wägte. Ich öffnete meine Mantel und deutete auf meinen Säbel. Blitzschnell zog Berian sein Kurzschwert und spurtete zur Gruppe. Während ich ihm folgte um meinen Abstand zu verkleinern erkannte ich wie die Delegation gewahr wurde das Berian mit gezogenem Schwert auf sie zu rannte. Zwei Personen zogen lange Säbel und postierten sich vor dem Dritten, der nun hastig und zittrig einen Dolch hervorzog.
Einer der säbeltragenden Leibwächter wollte gerade eine Warnung in Richtung Berian ausstoßen als seine Laute durch ein Gurgeln unterbrochen wurden. Eine dünne grünlich schimmerde Klinge mit Widerhaken ragte nach vorne aus seinem Hals heraus. Der zweite Säbelträger hob panisch seinen Säbel zur Abwehr. Mit unmenschlicher Geschwindigkeit tauchte das Wesen unter seinem Säbel hindurch. Die dünne gefährliche Klinge drang tief in seinen Leib ein, während das Wesen mit einer Drehung weiter unter seiner Achsel hindurch in dessen Rücken manövrierte um zu beenden was es begonnen hatte.
Einen Wimpernschlag später war Berian an dem Attentäter dran. Halb hineinrutschend führte Berian einen schnellen Stoß aus, doch der Attentäter war schnell genug, sodass die Klinge zwar in die Robe eindrang, aber mit einem metallischem Kratzen an der darunterliegenden Rüstung abglitt.
Instinktiv rollte sich Berian rückwärts ab und positionierte sich halb stehend halb kniend in einer niedrigen Angriffsposition vor dem Wesen.

Ich hatte nun meine Position im Rücken des Attentäters und wollte zum tödlichen Stich ansetzen. Doch seine unglaubliche Geschwindigkeit machte es unserem Gegener möglich sich wieder seitlich aus dem Angriff zu drehen und dabei meine Klinge zu repostieren. Als seine dünner Dolch unter meinen Rippen in meine Seite schnitt, spürte ich ein so heftiges Brennen als würde sich etwas Unnatürliches darin weiden. Ich ging vor Schmerz zu Boden und sah die zwei folgenden Angriffe und Paraden Berians nur wie durch wabernden Dunst. Ich kroch zu der überlebenden Person des Trios, die sich mittlerweile zu Ihren sterbenden Kameraden gekniet hatte. Ihr brauner Haarschopf hatte sich aus der Kapuze gelöst und Tränen liefen über Ihre Wangen. Ich schaute in dieses wunderschöne Gesicht einer Frau mit exotischen dunklebraunen mandelförmigen Augen, die mich die Situation für einen Augenblick vergessen ließen.
Doch Berians Ruf ließ mich in die Wirklichkeit zurückkommen: „Flieht, ich komme nach!….Schnell“
Berian konnte sich gegen das Wesen gut behaupten. Der beste der Valan, dachte ich bei mir, während ich mich darauf vorbereitete, mich und die Fremde der Wirklichkeit zu entrücken um zu fliehen. Ich packte Ihre Hand und Sie schaute mir in die Augen während unsere Körper schlagartig durchsichtig wurden. Hier wirkte eine Kraft die ich nicht verstand, gebunden in einem Armulett das ich von meiner Mutter bekommen hatte. Und es sollte mir noch wichtige Dienste erweisen.

Meine Wunde schmerzte sehr und die wunderschöne Frau stütze mich, als wir zu unserem Unterschlupf in Throal humpelten.
Sie half mir auf die Liege, dann verschwammen die Bilder, nur Ihr wunderbarer Geruch blieb…. Das war das letzte Mal das ich beide gesehen habe… die Fremde und meinen Freund Berian, der wie ein Bruder für mich war.

Man fand seinen leblosen Körper dort wo ich Berian verlassen hatte. Die Stelle war verwüstet und alles deutete auf einen wilden Kampf auf Leben und Tod, den Berian leider nicht für sich entscheiden konnte. Es hieß sein Körper war übersäät von Wunden, und das er wie ein wilder Tiger gekämpft haben muss.

Es brauchte einige Zeit bis ich mein Lager verlassen konnte, und noch viel mehr bis ich wieder völlig genesen war. Die Klinge die mich verletzt hatte war mit elementarer Magie verstärkt, die meine Heilung deutlich erschwerte. Aber unsere Organisation hatte gute Kontakte zu den Heilern der Gottheit Garlens, und so kam ich langsam wieder zu Kräften.

Doch der Verlust Berians lastete schwer auf meiner Seele.
Jedoch nicht so schwer wie auf seines Vater´s Seele. Setant Valan hatte seinen Lieblingssohn verloren, und die Trauer verdunkelte sein Gemüt. Seit jenen Tagen war Setant nicht mehr die gleiche Person. Fortan verwandelte er all sein Unglück und Pein in Hass – den er auf mich focussierte und mich für den Tod seines Sohnes veantwortlich machte. Feigheit vor dem Feind machte er mir zum Vorwurf, …und das ich desertiert sei. Anschuldigungen, von denen ich zwar durch den Rat der Rigoristri freigesprochen wurde, doch fortan machten mir die Valan das Leben bei den Rigoristi extrem schwer. Im verborgenen war Setant Valan auch für zwei Attentate auf mich verantwortlich, die ich beide nur gerade eben so, und nur mit Hilfe des Armuletts meiner Mutter überlebt hatte. Setant verstarb als verbitterter Mann zwei Jahre nach seinem tapferen Sohn, doch sein Hass vergiftete auch die Seelen seiner zwei verbliebenen Nachkommen.

Die Zeit wird zeigen ob sie alle Wunden heilen kann, und was das für mich bedeuten wird…..

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